Knorr-Bremse Türkei hat die Größe ihres Service Centers in der Hauptstadt Ankara verfünffacht. Züge können so noch effizienter gewartet werden, damit sie schnell wieder auf der Strecke sind. Über das lokale Standbein eines weltumspannenden Konzerns – und warum Quadratmeter nur ein Teil einer komplexen Rechnung sind.
Die Überholung von Druckluftkompressoren für die Metro Istanbul steht heute auf der To-do-Liste von Hüseyin Uysal. Während sein Kollege die notwendigen Teile vorbereitet, startet der Servicetechniker mit der Voruntersuchung am Kompressor. Dann klingelt das Diensthandy. „Ein Kunde, der von einer Fehlermeldung an einem Zug beim Metro-Projekt in Ankara berichtet“, fasst Uysal das Telefonat zusammen – und ändert die Reihenfolge seiner Prioritäten. Bis das Problem gelöst ist, darf der Metro-Zug das Depot nicht verlassen. Da müssen die weniger zeitkritischen Kompressoren aus dem Maintenance-Prozess kurz warten.
Bremssysteme für neue Züge zu bauen, das ist die eine Säule im Rail-Geschäft von Knorr-Bremse. Die laufende Instandhaltung der Komponenten – wenn man so will: das Ziel ständig verfügbarer und funktionsfähiger Schienenfahrzeuge – die andere. Sie ist, gerade aus Perspektive eines Bahnbetreibers, nicht minder wichtig.
RailServices weltweit: Über 40 Service Center auf allen Kontinenten
Ein ganzes Netz aus Service Centern und Kundendienst-Stationen spannt RailServices, der Instandhaltungs- und Nachmarktspezialist für Schienenfahrzeuge im Knorr-Bremse Konzern, deshalb um den Globus. Mittlerweile sind es allein über 40 Service Center weltweit. Insgesamt sind dort und im Kundendienst mittlerweile knapp 2.000 exzellent ausgebildete Mitarbeiter tätig. Und das Netz wird immer engmaschiger.
Im vergangenen Jahr hat RailServices seinen Standort in Budapest umfangreich ausgebaut, sodass dieser für das europäische Service-Geschäft mit Zügen eine tragende Säule bildet. Zudem wird das Service Center in Faridabad in Indien für die Kompressorüberholung erweitert. Und vor Kurzem ist nun auch in Ankara in der Türkei ein deutlich vergrößertes Service Center in Betrieb gegangen. Fast alle Züge und Lokomotiven sind in dem Land mittlerweile mit Produkten von Knorr-Bremse ausgestattet. Verkaufen und wieder nach Hause fahren? So funktioniert die Branche nicht. Standorte und Services müssen mitwachsen.
Das bedeutete im Fall von Knorr-Bremse Türkei, die mit vollem Namen Knorr Bremse Raylı Sistemler San. ve Tic. Ltd.Şti. heißt: Aufbau und Umzug der bisherigen Einrichtung in ein neues, nun knapp 2.000 m² und damit etwa fünfmal größeres Service Center. „Mit ihm sind wir in der Lage, direkt vor Ort nahezu alles instandsetzen zu können, was von uns bremssystemseitig auf dem türkischen Schienenverkehrsmarkt unterwegs ist“, erklärt Standortleiter Selçuk Sakınmaz. „Selbst komplexe Tätigkeiten sind dort kein Problem mehr.“
Mit dem Umzug ging die Integration zahlreicher Prüfstände einher, darunter je einer zur Überprüfung von instandgesetzten Bremstafeln, Bremszangen, Bremsklotzeinheiten sowie aufbereitetem Reibmaterial. Zudem soll perspektivisch ein Universalprüfstand für pneumatische Bremsgeräte ergänzt werden. So können die instandgesetzten Komponenten vor der Auslieferung die exakt gleichen Prüfabläufe durchlaufen, mit denen Knorr-Bremse auch die exzellente Qualität seiner Neuprodukte sicherstellt. Auch Komponenten von hydraulisch gebremsten Straßenbahnen kann RailServices nun direkt vor Ort instandhalten. Es trägt damit der Beliebtheit von Straßenbahnen Rechnung, die in aller Regel mit platzsparenden hydraulischen Systemen ausgestattet sind.
Ein weiterer großer Vorteil der kundennahen Verankerung: Mit der lokalen Maintenance entfällt die Zollabfertigung. Transport- und Lebenszykluskosten, also die Kosten, die auf das lange Betriebsleben von Zügen gerechnet anfallen, sinken. Zudem erhalten auch lokale Zulieferer die Möglichkeit, an nationalen wie internationalen Schienenfahrzeugprojekten von Knorr-Bremse zu partizipieren.
Gerade die lokale Nähe ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal von Knorr-Bremse. Das Personal ist lokal verwurzelt, auch das gehört zur Philosophie. Unsere Leute kennen die türkische Seele, es ist auch ihre Seele.
Selçuk Sakınmaz – Standortleiter Service Center Ankara
Aber vor allem zählt: die Vor-Ort-Präsenz. Wenn eine Fehlermeldung auftaucht. Wenn mal ein Teil ausgetauscht werden muss. Wenn sich der lokale Bahnbetreiber neben seinem telefonischen Kontakt in München in Deutschland auch persönlich mit einem Ansprechpartner austauschen möchte. „Gerade die lokale Nähe ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal von Knorr-Bremse“, ordnet Standortleiter Sakınmaz ein. Das Personal ist lokal verwurzelt, auch das gehört zur Philosophie. „Unsere Leute kennen die türkische Seele. Denn es ist auch ihre Seele.“
Mission erfüllt: Der Metro-Zug ist zurück auf den Schienen
Was der Vor-Ort-Vorteil bedeutet, zeigt sich eindrucksvoll im Arbeitsalltag von Servicetechniker Hüseyin Uysal. Er belädt seinen Auto-Kofferraum mit Werkzeugen und den gängigsten Ersatzteilen. Dann fährt er keine zwei Stunden nach dem Anruf durch die Schranke am Depot der Metro Ankara. Uysal bespricht sich kurz mit dem Verantwortlichen über das Problem. Dann sitzt er mit dem Laptop in der abgestellten Metro und prüft das Event-Log der CubeControl Bremssteuereinheit.
Das Ereignisprotokoll, das zahlreiche Knorr-Bremse Systeme bis hinunter auf Produktebene automatisch aufzeichnen, deutet auf ein Software-Problem hin. „Ich aktualisiere die Software und lasse ein paar Tests laufen“, erklärt Uysal. „Alles funktioniert wieder einwandfrei.“ So einfach sei es natürlich nicht immer. „Aber heute ist alles gutgelaufen – und vor allem schnell.“
Nur Minuten später ist die entscheidende Formalität erledigt: Die Metro hat ihre Betriebserlaubnis zurück. Die Disponenten der Metro können sie wieder dorthin schicken, wo der Zug hingehört: Raus auf die Schienen der Hauptstadt.