Historie

Georg Knorr – Ingenieur, Bremsenpionier und Unternehmer.

Georg Knorr am Prüfstand für Personenzugbremsen, 1908. | © Knorr-Bremse

120 Jahre ist es her, dass Georg Knorr die Knorr-Bremse GmbH in Berlin gründete. Seine Innovationen auf dem Gebiet der Luftdruckbremse, seine Durchsetzungskraft und seine technologische Weitsicht, mit der er die junge Firma durch schwierige Zeiten führte, bildeten die Grundlage für die außerordentliche Erfolgsgeschichte von Knorr-Bremse. Georg Knorr zählt zu den Pionieren auf dem Gebiet der Eisenbahnbremse. Ohne seine Entwicklungen, die ein sicheres Abbremsen der mit der Zeit immer schnelleren und schwereren Züge erst ermöglichten, wäre der Epochenwandel nicht denkbar gewesen, den die Eisenbahn in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auslöste.

Georg Knorr gründet am 19. Januar 1905 die Knorr-Bremse GmbH in Berlin unter Beteiligung des Werkzeugmaschinenbauers Ludw. Loewe & Co. AG. | © Knorr-Bremse

Die Anfänge: Vom Ingenieur zum Wegbereiter moderner Bremssysteme

Ernst Theodor Georg Knorr wurde am 19. Oktober 1859 in Ruda (Westpreußen) geboren. Nach seinem Ingenieurstudium in Braunschweig arbeitete Georg Knorr zunächst bei der Königlich-Preußischen Eisenbahnverwaltung in Krefeld. Im Jahr 1884 trat er in das Berliner Büro des amerikanischen Ingenieurs Jesse Fairfield Carpenter ein, der sich um die Verbreitung der von ihm entwickelten Zweikammer-Druckluftbremse auf dem deutschen Markt bemühte. Doch 1893 stand das Unternehmen vor dem Aus. Die Preußische Staatseisenbahn hatte den Vertrag nicht verlängert und beschlossen, auf die Bremse von Westinghouse umzustellen. Carpenter verlor seine Geschäftsgrundlage und kehrte zurück nach Amerika. Georg Knorr aber bewies in dieser Situation Weitsicht. Er erkannte, dass die Eisenbahn dabei war, den Menschen eine ganz neue Mobilität zu ermöglichen. Er ahnte, dass dadurch nicht nur das Zusammenleben der Menschen, sondern auch Produktion und Handel von Gütern von Grund auf erneuert würden. Und er war überzeugt davon, dass diese Entwicklung enorme Chancen für sein auf Bremssysteme spezialisiertes Unternehmen bieten würde.

Der Wendepunkt: Übernahme von Carpenter & Schulze und Neuausrichtung

Knorr übernahm die Gesellschaft Carpenter & Schulze, die fortan mit dem Zusatz „Inh. G. Knorr“ firmierte, und verlegte den Firmenstandort nach Berlin-Britz. Trotz der wirtschaftlich schwierigen Umstände gelang es ihm, das Unternehmen zu retten und eine solide Existenz zu schaffen. Gleichzeitig verwendete der Ingenieur seine konstruktive Begabung unbeirrt auf die Entwicklung eines neuen Steuerventils, des Herzstücks der Druckluftbremse.

Technologischer Durchbruch: Die Knorr-Einkammer-Schnellbremse

Der Druchbruch gelang Georg Knorr mit der Konstruktion einer eigenen Bremse, der Knorr-Einkammer-Schnellbremse mit dem Steuerventil K1, die zahlreiche Aspekte seiner vergangenen Entwicklungen kombinierte: Wegen der einfacheren Bauart garantierte sie eine höhere Betriebssicherheit und bremste den Zug schneller und vor allem sanfter ab. Außerdem hatte Knorr bei der Konstruktion von Anfang an darauf geachtet, dass seine neue Bremse gemeinsam mit der Westinghouse-Bremse in Zügen eingesetzt werden konnte. Daher entschloss sich die Preußische Staatsbahn zu Beginn des neuen Jahrhunderts zur Einführung der Knorr-Schnellbremse in Personenzügen. Gleichzeitig stellte sich die Frage nach der Konstruktion einer durchgehenden Güterzugbremse. 1903 wurde die Firma „Carpenter & Schulze, Inh. G. Knorr“ auch damit beauftragt.

Expansion: Gründung der Knorr-Bremse GmbH

Die neuen Lieferungs- und Entwicklungsaufgaben veranlassten Georg Knorr 1904, den Firmensitz nach Berlin-Rummelsburg auf ein größeres Betriebsgelände zu verlegen. Bald erreichte das Unternehmen auch dort die Grenzen der Kapazität, und Knorr benötigte für eine weitere Expansion zusätzliche Mittel. Am 19. Januar 1905 unterzeichneten Georg Knorr und der Vorstand des Berliner Werkzeugmaschinen-Bauunternehmens Ludw. Loewe & Co. AG den Gesellschaftervertrag für die neu gegründete Knorr-Bremse GmbH. Georg Knorr hielt knapp die Hälfte des Kapitals von 800.000 Mark und wurde alleiniger Geschäftsführer. Die neuen Partner und die neue finanzielle Basis ermöglichten es dem Ingenieur, seine Innovationen nunmehr in einem wesentlich größeren Rahmen weiter zu verfolgen.

Wachstum und Zusammenarbeit: Fusion mit der Kontinentale Bremsen-GmbH

In den darauffolgenden Jahren wurden rund 50.000 Bremsanlagen mit dem Steuerventil K1 geliefert. Am 1. April 1907 trat Johannes Philipp Vielmetter als kaufmännischer Direktor in das Unternehmen ein. Er bewirkte den Zusammenschluss der Knorr-Bremse GmbH mit der Kontinentale Bremsen-GmbH. Durch diese Verbindung erlangte Knorr -Bremse nicht nur Marktvorteile, sondern konnte auch Wilhelm Hildebrand, einen Spezialisten auf dem Gebiet der Schienenfahrzeugbremsen, für sich gewinnen. 1911 wandelte Vielmetter die Knorr-Bremse GmbH in eine Aktiengesellschaft um und schuf somit eine breitere Kapitalbasis für das Unternehmen.

Letzte Innovationen und Vermächtnis: Die Kunze-Knorr-Bremse

Georg Knorrs Leidenschaft blieb bis zuletzt die Entwicklungsarbeit, eine Reihe weiterer Innovationen stammen von ihm. Im Jahr 1910 hatte er die Entwicklung einer mehrlösigen Druckluftbremse aufgenommen. Er konnte seine Studien jedoch nicht zu Ende führen und starb am 15. April 1911 nach schwerer Krankheit im Alter von 51 Jahren. Zusammen mit dem Regierungsbaurat Bruno Kunze brachte Wilhelm Hildebrand die Überlegungen Georg Knorrs zum Abschluss und entwickelte die Kunze-Knorr-Bremse, die in den folgenden Jahren zum führenden mehrlösigen Bremssystem für Europa wurde.

Georg Knorr in seinem Arbeitszimmer im Jahr 1908. | © Knorr-Bremse
Dank der durchgehenden Kunze-Knorr-Güterzugbremse konnten viele Unfälle mit Zügen vermieden werden, bei denen bis dahin Bremser auf einen Pfiff der Lok hin per Handkurbel die Bremsen anlegen mussten. | © Knorr-Bremse

Nachhaltiger Einfluss: Georg Knorrs Innovationen prägen bis heute die Welt der Bremssysteme für Züge.

Als Visionär hat Georg Knorr mit zahlreichen Innovationen die Effizienz und Sicherheit von Bremssystemen für Schienenfahrzeuge maßgeblich verbessert. Das Unternehmen bleibt Marktführer und ein Synonym für Sicherheit und Effizienz im Schienen- und Nutzfahrzeugbereich. Bis heute folgt das Unternehmen diesem Anspruch: Knorr-Bremse ist Weltmarktführer für Bremssysteme sowie ein führender Anbieter weiterer Systeme für Schienen- und Nutzfahrzeuge.