Der neue indische Intercity-Zug Vande Bharat Express fährt vor einer Stadt durch indische Landschaft.

Im neuen Intercity durch Indien.

Mit dem Vande Bharat Express gleist der Subkontinent seinen zukunftsträchtigen Intercity-Verkehr neu auf. Knorr-Bremse gehört mit zahlreichen Subsystemen zu den Schlüssellieferanten des Großprojekts.

Als der indische Premierminister am 30. Dezember vergangenen Jahres per Videoschalte mit dem Bahnhof in Howrah, einer Millionenstadt in Westbengalen, verbunden ist, spricht Narendra Modi zunächst über die anstehenden Investitionen in den Schienenverkehr des Landes. Am Ende nimmt er die grüne Flagge in die Hand und schwenkt sie in die Kamera. Am Bahnsteig in Howrah schließen sich daraufhin die Zugtüren, die grüne Flagge steht in Indien für das Abfahrtssignal. Augenblicke später setzt sich ein weiß-blauer Zug in Bewegung.

Das politische und öffentliche Interesse an den Zügen ist riesig, obwohl der Betriebsstart Ende 2018 – eine geplante Auslieferungspause nach den ersten beiden Zügen von zwei Jahren eingerechnet – nun schon mehr als vier Jahre zurückliegt. Siebendreiviertel Stunden wird der Vande Bharat Express auf seiner mittlerweile siebten Strecke unterwegs sein. Knapp 600 Kilometer geht es mit Zwischenstopps in Barsoi, Malda und Bolpur nach New Jalpaiguri. „Im Vergleich zu anderen Zügen auf der Strecke werden die elektrisch angetriebenen neuen Intercity-Triebzüge fast genau drei Stunden Reisezeit einsparen“, berichtet Dipankar Ghosh, Managing Director von Knorr-Bremse India mit Sitz in Palwal bei Neu-Delhi.

Von 0 auf 100 km/h: 54,6 Sekunden

Fast täglich hatte Ghosh in den zurückliegenden Jahren Themen rund um den Vande Bharat Express auf dem Schreibtisch. Knorr-Bremse liefert Brems- und Einstiegssysteme für diese Triebzüge, die Konzernmarke Microelettrica einen guten Teil der Leistungselektronik. Bei den neueren Zügen steuert die Knorr-Bremse Marke Evac die Sanitärsysteme bei.

„In Rekordzeit haben wir die Zulassungen für die Systeme erhalten, unsere Lieferketten hochgefahren und unsere Mitarbeiter geschult sowie das lokale Lieferantennetz in Rekordzeit erweitert“, erklärt Ghosh. Bei 80 Prozent liegt die geforderte Lokalisierungsquote bei der Herstellung der für eine Betriebsgeschwindigkeit von bis zu 160 km/h ausgelegten „Intercitys“. Zwei interessante Randaspekte: Das untere Chassis ist so konstruiert, dass die Züge auch in bis zu 40 Zentimeter tiefem Wasser fahren können. Das macht sie flexibler für die Regenzeit. Starten die Electrical Multiple Units (EMUs) mit voller Beschleunigung aus den Bahnhöfen, stehen nach gerade einmal 54,6 Sekunden 100 km/h auf dem Tacho.

Bis dato sind 102 16-Teiler im Zuge mehrerer Einzelabrufe beim staatlichen Hersteller Integral Coach Factory (ICF) in Chennai fest bestellt. Dazu kommen zwei Abrufe über 200 respektive 100 Züge sowie eine „Global Tender“-Bestellung aus dem Privatsektor über 100 Züge in verschiedenen Konfigurationen. Optionen für 120 Züge wurden ebenfalls schon gezeichnet. „Zurzeit verlässt alle 15 Tage ein Zug die Werkshallen“, sagt der Managing Director.

Gut möglich, dass der Hersteller die Taktung bald erhöhen wird. „Vom Preis her sind die soliden Züge vergleichsweise günstig, hinsichtlich Passagierkomfort – Entertainment, Vakuumtoiletten und bald auch mit Schlafwagenkonfiguration – stehen sie den großen etablierten Herstellern jedoch in nichts nach“, sagt Ghosh. „Einige Betreiber aus Asien und Südamerika schauen sich die Fahrzeuge gerade sehr genau an.“ Die ersten Vande Bharat Express-Exportprojekte dürften demnach nur noch eine Frage der Zeit sein.

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