Grüne Wahl mit Stahl auf Stahl: Nachhaltige Antriebstechnologien für die Schiene

Dem grünen Verkehrsmittel Bahn kommt bei der Transformation des Transportsystems eine Schlüsselrolle zu. Deshalb investiert Knorr-Bremse umfangreich in noch sauberere Systeme für Schienenfahrzeuge. Was der Konzern in Sachen alternative Antriebstechnologien im Sinne emissionsarmer und energieeffizienter Mobilität zu bieten hat.

Aufmerksame Passagiere stutzen bei der Abfahrt. Alles so leise hier. Normalerweise pendelt auf der Strecke ein Triebzug mit schwerem Dieselaggregat über den Drehgestellen. Es geht nicht anders, denn eine Oberleitung gibt es nicht. Oder wie es im Fachjargon heißt: Die Strecke ist nicht elektrifiziert. Da ist der Dieselantrieb alternativlos. Bislang.

Das Fahrzeug allerdings, das in diesem Szenario gerade aus dem Bahnhof beschleunigt, ist ohne Dieselantrieb und ohne Oberleitung unterwegs. Ingenieure der Knorr-Bremse Gesellschaft Kiepe Electric haben es so umgerüstet, dass es größtenteils elektrisch fahren kann. Eines der beiden Dieselaggregate wich einem großen und leistungsstarken Batteriespeicher. Auf ihn schaltet die Steuerung bei nicht-elektrifizierten Streckenabschnitten. Die machen immerhin 40 Prozent des deutschen Gesamtnetzes aus. Bei vorhandener Oberleitung zapft die Steuerung eben diese an – und lädt gleichzeitig die Batterien auf. Schon bald könnte dieses Konzept im Passagierbetrieb verbreitet zu Anwendung kommen.

Hinter dem Konzept steckt nicht weniger als eine Brückentechnologie zum klimaneutralen Zug. Auf Strecken, die früher ausschließlich mit Diesel befahren wurden, sind Betreiber heute rein elektrisch oder nur noch mit bis 20 Prozent Diesel-Anteil unterwegs. Kombiniert bedeuten die drei Energiequellen Oberleitung, Traktionsbatterie und Dieselaggregat eine enorme Einsparung an Energie und CO2-Emissionen. Was auch mit den unterschiedlichen Wirkungsgraden zusammenhängt. Beim elektrischen Antrieb unter Oberleitungen liegt er bei über 80 Prozent. Beim Batteriezug rangiert er nur wenig darunter, nämlich bei rund 73 Prozent. Der konventionelle Dieseltriebzug bringt es dagegen nur auf etwa 35 Prozent.

Die Brückentechnologie von Kiepe Electric ermöglicht den elektrischen und damit umweltfreundlicheren Betrieb von Zügen auf nicht-elektrifizierten Teilstrecken. | © Knorr-Bremse

Noch neun Jahre bis zum deutschen Zwischenziel

Bald soll der elektrisch umgerüstete Zug keine Besonderheit mehr sein. Im Jahr 2050 will die EU die Schwelle zur Klimaneutralität überschreiten und keine Netto-Treibhausgase mehr ausstoßen. Wie sehr die Zeit drängt wird mit Blick auf ein Zwischenziel aus Deutschland deutlich: Bis zum Jahr 2030 müssen die vom Verkehrssektor verursachten Treibhausgase im Vergleich zum Jahr 1990 um 42 Prozent sinken. Das sind nicht einmal mehr neun Jahre.

Stahl auf Stahl als grüne Wahl, so lautet also die Devise. Dass Knorr-Bremse dabei weit vorne mitspielt, ist kein Zufall: „Schon früh hat Knorr-Bremse auf den Trend hin zu nachhaltigen und innovativen Verkehrslösungen gesetzt“, sagt Dr. Peter Radina, Mitglied der Geschäftsführung der Knorr-Bremse Systeme für Schienenfahrzeuge GmbH und verantwortlich für Kiepe Electric.

Schon früh hat Knorr-Bremse auf den Trend hin zu nachhaltigen und innovativen Verkehrslösungen gesetzt. Dabei nutzen wir unser jahrzehntelanges Wissen aus der Ausrüstung von Fahrzeugen mit Elektrosystemen und aus der Elektromobilität, um auch in neuen Entwicklungsfeldern aktiv zu werden.

Dr. Peter Radina – Mitglied der Geschäftsführung der Knorr-Bremse Systeme für Schienenfahrzeuge GmbH und verantwortlich für Kiepe Electric

„Dabei nutzen wir unser jahrzehntelanges Wissen aus der Ausrüstung von Fahrzeugen mit Elektrosystemen und aus der Elektromobilität, um auch in neuen Entwicklungsfeldern aktiv zu werden. So wollen wir zuverlässiger Partner von Fahrzeugherstellern und Betreibern bei der Ausstattung ihrer Neufahrzeuge mit Antrieben auf Batterie- oder Wasserstoffbasis sein. Ebenso treiben wir neue Entwicklungslösungen voran wie die Batterie-Umrüstung von bestehenden Dieseltriebzügen, die mit nachhaltiger Traktionstechnik an Bord viele weitere Jahre im Einsatz sein können.“

In der österreichischen Metropole Wien hat Kiepe Electric die Elektroausrüstung von Zügen der Wiener Linien umfangreich modernisiert. | © Manfred Helmer

Aufladen während der Fahrt

Zudem hat Kiepe Electric ein innovatives Antriebskonzept für E-Busse entwickelt, deren Anteil am Nahverkehrsmix gerade in mittelgroßen Städten spürbar zulegt. Viele Jahre prägte ein entscheidender Nachteil den Flotteneinsatz von E-Bussen: Das Aufladen brauchte zu lange. Und wegen der nötigen Ladeinfrastruktur war die Routenführung recht unflexibel. Die IMC-Technologie von Kiepe Electric hebt beide Einschränkungen auf. Die Abkürzung steht für „In Motion Charging“ und entspricht einem Hybridkonzept für E-Busse. Auf den Ladestraßen erhalten die Busse ihre Energie von dort. Gleichzeitig werden, analog zum Beispiel mit dem umgerüsteten Diesel-Triebzug, Batterien aufgeladen. Sie liefern die Power für Routenabschnitte ohne Oberleitungen.

Beim aktuell leistungsstärksten System am Markt, dem IMC500, benötigt ein 12-Meter-Bus gerade einmal in rund 15 Prozent der Fahrtzeit Kontakt zur Ladestraße. Das flexibilisiert die Routenplanung bei den Betreibergesellschaften ungemein. Geht ein neues Messezentrum in Betrieb oder werden neue Baugebiete bezogen, passen sie ihre Fahrtstrecken einfach an die neuen Bedarfe an. Zu den aktuellen IMC-Kundenaufträgen zählt beispielsweise Solingen in Nordrhein-Westfalen. Dort werden neue IMC-Busse Dieselbusse ersetzen und oberleitungsfreie Streckenabschnitte befahren. Weitere internationale Projekte wie etwa in Rimini in Italien und Vancouver in Kanada stellen die Lösungskompetenz von Kiepe Electric für elektrischen und effizienten Nahverkehr unter Beweis.

Ganz aktuell hat Kiepe Electric eine Flotte Gelenk-Elektrobusse in Rimini/Italien mit In Motion Charging (IMC®)- Technologie ausgerüstet. | © Knorr-Bremse

Auch im kanadischen Vancouver fahren elektrische Trolleybusse mit Traktionsausrüstungen von Kiepe Electric und tragen so zu umweltfreundlicher City-Mobilität bei. | © Knorr-Bremse

In nur wenigen Minuten ist der E-Bus aufgeladen

Für Städte, in denen überhaupt keine Ladeinfrastruktur vorhanden ist oder sich der Bau schlicht nicht lohnt, ist Knorr-Bremse mit einer weiteren Diesel-Alternative zur Stelle. Und zwar einem E-Antrieb inklusive Traktionsbatterien. Dank eines ausgeklügelten Zusammenspiels von mehreren Kiepe-Technologien können sich die E-Busse innerhalb weniger Minuten und mit einer Ladeleistung von bis zu 750 Kilowatt aufladen. Der bisherige Nachteil, dass batterieelektrisch betriebene Busse zur Ladung manchmal eine ganze Nacht benötigen, ist damit abgewendet. Konzept und Technologie sind modular aufgebaut, skalierbar und können fahrzeugherstellerunabhängig realisiert werden.

Und auch jenseits des Passagierverkehrs begegnet Knorr-Bremse den Herausforderungen der Klimakrise mit nachhaltigen Lösungen: Mit einem neuartigen und einsatzbereiten Verfahren kann es schwere Spezial- und Sonderfahrzeugen von Dieselhydraulik auf Brennstoffzellen- oder Batterieantrieb umrüsten.

Aber das ist eine andere Geschichte.

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