• Schwarz-weiß-Foto eines historischen Lkw mit der Aufschrift "Süddeutsche Bremse A.G." an der Ladefläche

    In den 1920er Jahren findet der Lkw erstmals breite Anwendung als Transportmittel, zunächst vor allem im innerstädtischen Lieferverkehr. In den 1930er Jahren entwickelt sich der Lkw im Gütertransport zum ernsthaften Konkurrenten der Bahn. Innerhalb weniger Jahre verdoppelt sich die Zahl der Fahrzeuge, von denen 90% mit Druckluftbremsen von Knorr-Bremse ausgerüstet sind.

  • Moderner, silberner Lkw Actros von Meredes Benz fährt bei grauem, wolkenbehangenem Wetter auf einer Landstraße

    Bis heute ist das Druckluftsystem ein zentraler Bestandteil eines breiten Spektrums von Zusatzfunktionen und Fahrassistenzsystemen, die bei Ausfall der Lenkung selbst das Lenken mit der Bremsanlage übernehmen können.

Ein großes Jubiläum. Die LKW-Druckluftbremse wird 100.

Vor genau 100 Jahren, am 14. Februar 1922, begründet die Patentanmeldung Nummer 383 990 der Knorr-Bremse Aktiengesellschaft in Berlin-Lichtenberg den bis heute andauernden Siegeszug der druckluftbetriebenen Radbremse für Nutzfahrzeuge. Der stark wachsende Verkehr verlangt damals nach einer deutlich besseren Bremse - um schneller und sicherer voranzukommen.

Der Durchbruch der pneumatischen Nutzfahrzeugbremse stammt aus einer Zeit, da fährt ein brandneuer 5-Tonnen-Lastzug von Daimler-Benz auf seiner damals üblichen Vollgummibereifung waghalsige Spitzengeschwindigkeiten von 25 km/h. Ein anderer 2-Tonnen-Schnelllastwagen von Daag schafft auf innovativen Luftreifen maximale 45 km/h. Berlin gehört zu den größten Städten der Welt und ist eines der wichtigsten Industriezentren Europas.

LKW sind im Kommen. Bessere Motoren, bessere Reifen; alles, was sie noch ausbremst, sind ihre damaligen Bremsen. Die bloße Muskelkraft des Fahrers reicht gerade einmal, um die Gefährte über die beiden hinteren Räder der Zugmaschinen mehr schlecht als recht zum Stehen zu bringen. Auf den Anhängern fahren Bremser-Kollegen mit, die auf Zuruf die Anhängerbremse betätigen; ein Vorgang, der sich allein aufgrund des zunehmenden Großstadtlärms nur unzureichend synchronisieren lässt.

Lösungen, bei denen die Kräfte über Stangen und Hebel übertragen werden, bewähren sich nicht; sie sind zu fehleranfällig und der Bremsdruck wird nicht gleichmäßig genug übertragen.

Vorbild Zug

Vor dem Hintergrund der anziehenden Industrialisierung und der noch deutlich größeren Kräfte ist die Entwicklung einer durchgehenden Bremse für Güterzüge im ausgehenden 19. Jahrhundert für die Eisenbahntechnik eine Kernaufgabe. Als Medium zur Kraftübertragung ist hier die Druckluft schon längst eingeführt. 1899 entwickelt Georg Knorr mit dem K1 ein Steuerventil, das für kürzere Bremswege sorgt. 1913 folgt die Kunze-Knorr-Bremse. Sie macht Güterzüge mit einem Gesamtgewicht von bis zu 1.000 Tonnen möglich. Die Endgeschwindigkeit kann damit von 45 km/h auf 60 km/h steigen, später auf 90 km/h. Zusammengenommen ergibt sich so eine signifikante Erhöhung der Transportkapazität.

Triumph auch im Straßenverkehr

Ende der 1910er-Jahre macht sich die Knorr-Bremse AG daran, „die im Eisenbahnbau zu hoher Entwicklung gelangte Druckluftbremse den Anforderungen des Kraftwagenverkehrs“ anzupassen. Mehrere Jahre dauert die Erprobung. Versuchsfahrten „in die schnee- und eisbedeckten Straßen des Erzgebirges bis weit hinauf nach Friesland und Holland“ werden unternommen, um die Wirksamkeit und die Betriebssicherheit sicherzustellen. Die großen Vorteile: Europas erste Druckluft-Vierradbremse wirkt auf alle Räder von Lastwagen und Anhänger gleichzeitig, gesteuert durch die Betätigung eines einzigen Fußpedals. Auch die automatische Bremsung des Anhängers im Falle des Abreißens vom Zugfahrzeug macht den Lastzug sicherer. Die Druckluft wird von einem Kompressor erzeugt, der das Druckniveau in den Leitungen auf 5 bar bringt. Schon in den ersten Werbebroschüren tauchen neben „unbedingter Sicherheit“ und „größte Wirksamkeit“ die Stichworte „geringe Wartung“ und „leichter Einbau“ auf.

Ein altes Werbeplakat in schwarz-weiß mit einem Lkw von damals über die Knorr-Vierrad-Druckluftbremse und eine Anzeige aus der gleichen Zeit, auf der verschiedene Fahrzeuge abgebildet sind, die mit der Bremse ausgestattet wurdenEin altes Werbeplakat in schwarz-weiß mit einem Lkw von damals über die Knorr-Vierrad-Druckluftbremse und eine Anzeige aus der gleichen Zeit, auf der verschiedene Fahrzeuge abgebildet sind, die mit der Bremse ausgestattet wurden
Ein Werbeplakat und eine historische Anzeige zur Knorr-Vierrad-Druckluftbremse um das Jahr 1930.

Die neue Bremse von Knorr-Bremse ist ein Hingucker, als im September 1923 auf der Automobilausstellung im Berliner Sportpalast erstmals ein Lastkraftwagen der Firma Horch mit durchgehender Knorr-Druckluftbremse an Zugwagen und Anhänger präsentiert wird. Die Marke Knorr-Bremse wird jetzt auch im Straßenverkehr zu einem festen Begriff. Schon 1930 heißt es in einer Messe-Werbung: »Beachten Sie bitte die Knorr-Druckluft-Vierrad-Bremse an den Fahrzeugen der Firmen: Büssing / Daag / Faun / Hansa-Lloyd / Komnik / Krupp / Magirus / MAN / Maybach / NAG / Vomag / Wumag.« 1933 berichtet die Zeitschrift »Motor« von der Automobil-Ausstellung in Berlin: »Knorr-Druckluftbremse ist längst zu einem Begriff höchster Sicherheit geworden.«

100 Jahre Basis für Mobilitätsfortschritt

Collage aus einem alten Portrait von Georg Knorr, der Abschrift der Patentanmeldung von 1922 und einer technischen Zeichnung von damalsCollage aus einem alten Portrait von Georg Knorr, der Abschrift der Patentanmeldung von 1922 und einer technischen Zeichnung von damals
Die Patentanmeldung für die "Druckluftbremseinrichtung für Kraftfahrzeuge" vom 14. Februar 1922 legte den Grundstein für die Nutzfahrzeug-Druckluftbremsen von Knorr-Bremse, die bis heute in ihrer Grundtechnologie in Lkw zum Einsatz kommen.

Mit dem 14. Februar 1922 kommt die Druckluftbremse für den LKW in den Markt und ist bis heute die Basis für eine Vielzahl von Weiterentwicklungen. Zur Trommel- gesellte sich die Scheibenbremse, Aktuatoren kommen dazu, die den Luftdruck in eine Linearbewegung umwandeln. Auch die Luftdruckerzeugung selbst wird sauberer und effizienter. In den 1990er-Jahren erobern elektronisch geregelte Systeme die Nutzfahrzeuge. Bis heute ist das Druckluftsystem ein zentraler Bestandteil eines breiten Spektrums von Zusatzfunktionen und Fahrassistenzsystemen, die bei Ausfall der Lenkung selbst das Lenken mit der Bremsanlage übernehmen können.

Bremssysteme von Knorr-Bremse stehen für 100 Jahre kontinuierlicher Verbesserungen hinsichtlich Sicherheit und Technologie. Auch zukünftig werden mehr Effizienz, Nachhaltigkeit und Sicherheit bei der Weiterentwicklung unserer Bremsen einen hohen Stellenwert einnehmen. Die Druckluftbremse fürs Nutzfahrzeug wird auch in Zukunft fortbestehen, denn egal welches Antriebskonzept das Nutzfahrzeug der Zukunft hat, bremsen und gelenkt werden muss immer. Für uns ein guter Grund, dem Jubilar zu gratulieren: Herzlichen Glückwunsch zum 100sten!

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