E-Lkw „Eddy”: Innovationskraft auf sechs Rädern.

„Eddy” heißt der elektrische Test-Truck, mit dem Knorr-Bremse konsequent in Richtung E-Mobilität fährt. Am Steuer sitzt das eCUBATOR-Team, international besetzt mit Spezialistinnen und Spezialisten aus München und Budapest. Die berichten von der jüngsten erfolgreichen eCUBATOR-Testreihe: Welchen Mehrwert bietet das Software-Paket eVMC (Electric Vehicle Motion Control) für E-Lkw und damit Kunden?

Juni 2022: E-Testfahrzeug für den eCUBATOR.

Im Sommer 2022 fuhr bei Knorr-Bremse in Budapest ein schwarz-lackierter neuer E-Lkw vor. Für den aus England kommenden und doch rechtslenkenden Truck hatte das eCUBATOR-Team eine klare Bestimmung: Als neutrales Testfahrzeug soll das zwischenzeitlich auf den Namen „Eddy” getaufte Fahrzeug entscheidend zur Weiterentwicklung des E-Mobilitätsportfolios von Knorr-Bremse beitragen.

Der eCUBATOR ist die zentrale Anlaufstelle bei Knorr-Bremse für alle E-Mobilitätsthemen in der Division Systeme für Nutzfahrzeuge. Entwicklungsteams in München und Budapest erarbeiten mit übergreifendem Systemansatz intelligente Lösungen von der Traktion über das Bremsen und Lenken bis hin zur Energieversorgung. „Wir haben derzeit die E-Fahrzeuge der zweiten Generation im Blick, die voraussichtlich ab 2025 im Markt sein werden. Hierauf zielt auch unsere zuerst durchgeführte Testreihe des Software-Pakets eVMC ab”, erklärt Martin Mederer, Product Line Owner „Brake Control” im eCUBATOR.

Zunächst wurde der E-Truck, den Anforderungen eines idealen Testfahrzeugs entsprechend, mit innovativer Knorr-Bremse-Technologie ausgestattet. Diese Arbeiten erfolgten in der Prototypenwerkstatt von Knorr-Bremse in Budapest und auf der Teststrecke bei Zalaegerszeg. Der verantwortliche Design Engineer György Surek beschreibt: „Wir haben in den Truck u. a. qualitativ hochwertige Messsysteme zur Datenerfassung, zwei Bremssysteme (EBS5, GSBC), diverse Fahrerassistenzsysteme (ABS, ATC, ESP) und eine Sattelkupplung zum zusätzlichen Betrieb eines Trailers nachgerüstet. Den mechanischen Umbau hat dann eine Budapester Spezialfirma entsprechend aller Verkehrssicherheitsvorschriften vorgenommen.”

Juni 2023: Testreihe eVMC-Software kann starten.

Warum zählt das Software-Paket eVMC zu den priorisierten Projekten der Testreihe? Innerhalb der modularen Bremssteuerung Global Scalable Brake Control (GSBC) soll eVMC soviel Energie wie möglich über Rekuperation zurückgewinnen und die Sicherheitsfunktionen wie ABS, ESP zusätzlich verbessern.

Info

Wer ist „Eddy”?

Das Testfahrzeug „Eddy” steht für die Transformation der Produkte von Knorr-Bremse zur E-Mobilität über alle Produktgruppen im Bereich der CVS Division hinweg. Eddys Länge von 10 Metern, 3,50 Metern Höhe und 15 Tonnen Gewicht verteilen sich auf eine formschöne, schwarz lackierte Karosserie aus hochfestem Stahl. Der E-Lkw ist leistungskräftig: 300 kw Batterien und 200 kw Power im laufenden Betrieb.

Die zweite Generation von Knorr-Bremse Systemen für E-Trucks ist bereits auf der Straße. Im Juni 2023 startete die Testreihe für eVMC (Electric Vehicle Motion Control) mit ersten Fahrversuchen auf der modernen Fahrzeugprüfstrecke in Zalaegerszeg, Ungarn.

Oktober 2023: eVMC soll hohe Energieeffizienz und Fahrstabilität sichern.

Zwischen Juni und Oktober 2023 stand für den eCUBATOR die eVMC Testreihe auf der modernen, komplex ausgestatteten Fahrzeugprüfstrecke im ungarischen ZalaZone an.

Wie laufen solche Tests praktisch ab? Knorr-Bremse hat seine “Test Cases”, die oft auf Gesetzesvorschriften basieren, in den vergangenen 20 Jahren intensiv erarbeitet und neueste Anforderungen für E-Antriebe integriert. “Die gesammelten Testfälle bereiten wir für unsere Reihe in allen Details auf”, berichtet Surek. “Dabei entwickeln wir neue Software und stellen EEPROM-Parameter, also zum Betrieb notwendige Daten, für weitere Applikationen des Bremssystems in Kombination mit dem E-Antrieb zusammen."

Wir haben in den Truck u. a. qualitativ hochwertige Messsysteme zur Datenerfassung, zwei Bremssysteme (EBS5, GSBC), diverse Fahrerassistenzsysteme (ABS, ATC, ESP) und eine Sattelkupplung zum zusätzlichen Betrieb eines Trailers nachgerüstet.

György Surek – Design- und Testingenieur eVMC-Software

Während der eVMC-Testwochen, die im dritten Quartal 2023 regelmäßig alle zwei bis drei Wochen stattfanden, erfolgten Fahrversuche zur Produktoptimierung und -weiterentwicklung. Dabei überprüfte und optimierte das eCUBATOR-Team anhand von vordefinierten Testreihen eVMC die Basisfunktionen zur Energie-Rekuperation.

  • Für die Effizienzverbesserungen sollte die bestehende Kombibremsstrategie (brake blending strategy) optimiert und dadurch die Energie-Rückgewinnung bei Verzögerungsvorgängen maximiert werden. Der resultierende Kundennutzen ist eine höhere Reichweite des E-Fahrzeugs.
  • Ein weiteres Ziel war die Verbesserung der Stabilitätsfunktionen bei Fahrzeugen mit E-Antrieb. Die gegenüber dem Verbrenner höhere Dynamik elektrischer Antriebsstränge galt es zu nutzen, um die Funktionalitäten ABS (Antiblockiersystem), ATC (Automatische Traktionskontrolle) und ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm) zu optimieren. Die Tests zur Stabilität wurden für Zugmaschinen als auch Anhänger durchgeführt.

Oktober 2023: Testreihe eVMC mit überzeugenden Ergebnissen.

Die gesamte eVMC-Produktentwicklung erfolgte durch einen iterativen Entwicklungsprozess nach SCRUM. Anhand eines Stärken-Schwächen-Profils zu wichtigen Features wie Energierekuperation, Bremsweg und weiteren Funktionen wurden Verbesserungsmöglichkeiten aufgedeckt und Folgetests aufgesetzt. Den Experten Surek stimmen die Ergebnisse positiv: “Wir konnten mit eVMC die Fahrleistung steigern. Die Energiebilanz scheint sich verbessert zu haben. Hier müssen wir nun Vergleichsmessungen abwarten, um ein quantitatives Ergebnis zu erhalten.“

Interdisziplinäre und internationale Teams arbeiten bei Knorr-Bremse bereits seit Ende der 90er Jahre zusammen. Mich begeistert der Teamgeist im eCUBATOR. Bei Testreihen mit persönlichem Fachaustausch sind Effizienz und Dynamik enorm hoch. Alle gehen erst nach gefundener Problemlösung nach Hause.

Martin Mederer (left) – Product Line Owner “Brake Control” im eCUBATOR

März 2024: Fahrtests in Arjeplog, Nordschweden, erfolgreich abgeschlossen.

Die positiven Ergebnisse aus den Versuchsreihen im Sommer auf dem Testgelände in Zalazone konnten in der Wintererprobung in Arjeplog (Nordschweden) vollständig bestätigt werden. Bei den Fahrtests in Arjeplog wurden die eVMC-Funktionen unter Extrembedingungen ganzheitlich getestet. Dabei wurde insbesondere Wert auf die Optimierung der Energie-Rekuperation gelegt, aber auch die Übergänge der Betriebsbremsfunktion mit Rekuperation hinsichtlich ABS/ESP untersucht. In Summe lässt sich festhalten, dass die Funktionalität einen stabilen B-Muster-Stand erreicht hat.

Derzeit findet die Übergabe der eVMC-Funktionen an das Center of Competence (CoC) Brake Control zur Serienapplikation statt. Nach der erfolgreichen Implementierung in die GSBC wird das Software-Paket den Kunden zur Verfügung stehen. Die Spezialistinnen und Spezialisten im CoC Brake Control applizieren die Systeme auf verschiedene Fahrzeugtypen. Denn das Produkt muss in verschiedenen Lkw-Modellen, variierend in Tonnagen und E-Motor-Leistungen, effizient und sicher arbeiten. Zudem muss die Software mehrdimensionale Antriebskonzepte von Lkw abbilden: mit Verbrennungsmotor, mit einem E-Motor am Wheelend oder mit je einem E-Motor pro Achse (außerhalb Europas).

Frühjahr 2024: Weitere Produkttests stehen zukünftig auf der Agenda.

Für „Eddy” geht die Reise weiter. Zukünftig sollen auch noch weitere eCUBATOR-Produkte und -Systeme im E-Lkw eingebaut und getestet werden, wie zum Beispiel ein ölfreier Kompressor für den Einsatz in elektrisch angetriebenen Nutzfahrzeugen. „Eddy” leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung des E-Mobilitäts-Produktportfolios von Knorr-Bremse. Martin Mederer freut sich auf die Aufgaben: „Es ist eine außerordentlich spannende Zeit, die wir im eCUBATOR mitgestalten. Mit unseren Teams in München, in Budapest – und mit "Eddy" auf der Straße.”

Martin Mederer

Martin Mederer

Knorr-Bremse darf sich seit 35 Jahren auf das Know-how von Martin Mederer verlassen. Zunächst war der Ingenieur für die Bremssteuerung und in der Entwicklung für Fahrerassistenzsysteme wie ASR, ABS und EBS unterwegs. Später arbeitete Martin Mederer bei Bendix in den USA und widmete sich der Anhängerbremssteuerung. In der Entwicklungseinheit eCUBATOR ist Mederer nun seit drei Jahren tätig und seine Motivation ist einfach erklärt: “Neue Dinge entdecken, machen, entwickeln. Und immer mit der Technik gehen”. Ein echter Ingenieurscharakter eben.

György Surek

György Surek ist der für eVMC verantwortliche Design- und Testingenieur im eCUBATOR in Budapest. Er besitzt fundierte Maschinenbaukenntnisse und sammelte zunächst Berufserfahrung bei der Elektrifizierung in der Pkw-Branche. Seit gut einem Jahr widmet sich György Surek nun intensiv der Weiterentwicklung von E-Trucks im eCUBATOR-Team bei Knorr-Bremse. Hier hat Surek als Vollblutingenieur „Eddy” u. a. konstruktiv und elektrisch auf seine Aufgaben für die Testreihen vorbereitet.

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