Oberleitungsbus und Elektrobus in einem, dank des neuesten „In Motion Charging“-Antriebssystems.

Im niederländischen Arnheim können Oberleitungsbusse jetzt auch ohne Stromkabel fahren und werden so gleichzeitig zu Elektrobussen. Möglich macht das „IMC500“ – eine Entwicklung von Kiepe Electric.

40 Fahrzeuge, 64 Kilometer Gesamtstrecke, 270 Kilometer Kabel, 4.026 Masten, 8 Millionen Passagiere pro Jahr: Das sind die wichtigsten Kennzahlen zum aktuellen Oberleitungsbus-Netz in Arnheim. Bereits 1949 wurde es mit seiner Linie 1 als erstes der Niederlande in Betrieb genommen. Seither wird es kontinuierlich ausgebaut.

Der Oberleitungsbus wird zum Elektrobus

Am 18. März 2019 gingen zwei umgerüstete 18-Meter-Elektrobusse der Arnheimer Flotte mit modernster IMC500-Ausrüstung von Kiepe Electric als Novum an den Start: Dank „In Motion Charging“ können sie nun als Trolleybusse 2.0. zwischen Oosteerbeek und Velp ihren Radius auch auf Strecken ohne elektrische Oberleitungen erweitern. Die Energieaufnahme von bis zu 500kW während der Fahrt an der Oberleitung ermöglicht die Ladung der Traktionsbatterie, selbst während der Beschleunigung des Fahrzeuges und der Versorgung der so genannten Nebenverbraucher.

Seit März in Arnheim im Einsatz: Der Trolleybus 2.0.

Keine Pausen zum Laden der Batterien notwendig

Als innovative Lösung für Busse im öffentlichen Nahverkehr bietet das Antriebssystem IMC500 gegenüber anderen Antriebsarten klare Vorteile: Je nach Route und Bedarf kann unter Oberleitungen, aber auch unabhängig von ihnen gefahren werden. Pausen zum Laden der Batterien sind nicht mehr notwendig. Selbst bei einem ununterbrochenen 24-Stunden-Betrieb kann das während der Fahrt passieren. Und zwar trotz eingeschalteter Heizung oder Klimaanlage und so schonend, dass die Oberleitungen nicht überlastet werden. Selbst mehrere Busse können dank einer intelligenten Steuerung auf demselben Streckenabschnitt geladen werden; ihr Wissen über die optimalen Möglichkeiten dazu teilen sie als selbstlernendes System in einer Cloud.

Reichweite der Batterien deutlich erhöht

Außerdem wurde die Reichweite der Batterien durch eine höhere Effizienz im Traktions- und Bordnetz-Umrichter erhöht; die Leistungsfähigkeit von Batterie und Batterieladegerät stieg dabei um den Faktor 1,5 bzw. 2. Die Folge: Ein 18-Meter-Bus mit IMC500-Technologie muss nur noch 20 Prozent der Strecke unter Oberleitungen fahren.

Seit rund 30 Jahren liefern wir elektrische Traktionsausrüstung für die Oberleitungsbusse der Stadt.

Dr. Marcel Manheller – Senior Projektleiter Bus & eMobility bei Kiepe Electric

Weiterentwicklung des In-Motion-Charging-Antriebssystems

Dass IMC500 von Kiepe Electric ausgerechnet in Arnheim erstmals zum Einsatz kommt, hat seinen Grund: „Seit rund 30 Jahren liefern wir elektrische Traktionsausrüstung für die Oberleitungsbusse der Stadt“, erklärt Dr. Marcel Manheller, Senior Projektleiter Bus & eMobility bei Kiepe Electric. „Im Rahmen des Förderprojekts ‚E-Bus2020 IMC’, das 2016 vom deutsch-niederländischer Zweckverband Euregio Rhein-Waal als Zusammenarbeit mit acht Akteuren von Gelderland bis Nordrhein-Westfalen vergeben wurde, haben wir unser IMC-Antriebssystem weiterentwickelt. Mit diesem fahren weltweit inzwischen rund 600 Busse emissionsfrei und geräuscharm; 600 weitere sind bestellt.

Ergebnis von 14 Jahren Entwicklung: ein Vielfaches an Batterieleistung

Elektrobusse in Arnheim als Testpiloten für IMC500

Die Fahrzeuge in Arnheim sind Testpiloten für die neueste, noch leistungsfähigere Version IMC500. Weitere Einsätze sind nach erfolgreicher Testphase geplant, und das nicht nur in weiteren Oberleitungsbussen der bestehenden Flotte des Betreibers Connexxion. In der Zukunft eröffnen sich zusätzlich ganz neue Nutzungsmöglichkeiten.

Das Oberleitungsnetz als Stromquelle für Ladestationen für E-Autos und E-Bikes

Langfristiges Ziel von „E-Bus2020 IMC“ ist es, auch einen Großteil der vorhandenen Biogas-Busse in Arnheim durch solche mit IMC-Antrieb zu ersetzen. „Bei rund 200 Fahrzeugen wäre unser neues Produkt vorstellbar“, schätzt Dr. Marcel Manheller. Vorgesehen ist die Kombination des Konzepts mit einem „Smart Grid“-Stromnetz, das regenerative Energiequellen wie Solar- oder Windenergie in das Oberleitungsnetz integriert und außerdem Ladestationen für E-Autos und E-Bikes speist. Mit diesem Leuchtturmprojekt kann Arnheim insgesamt noch sauberer fahren – und als Vorreiter dem Wunsch der niederländischen Regierung entsprechen, die Emissionen bis 2030 um 49 Prozent und bis 2050 um 95 Prozent im Vergleich zu 1990 zu mindern.

Die Vision eines emissionsfreien öffentlichen Nahverkehrs

Dirk Zuther, Leiter Bus und eMobility von Kiepe Electric, zeigte sich bei der offiziellen Präsentation der Trolleybusse 2.0 Mitte März sehr zufrieden: „Arnheim hat die Vision eines emissionsfreien öffentlichen Nahverkehrs. Als Kiepe Electric sind wir stolz, im Rahmen eines zukunftsweisenden EU-Projektes hierzu unseren Beitrag leisten zu können.“

Erwartungen von Ladeleistung und Reichweite sogar übertroffen

Und auch Dr. Marcel Manheller freut sich über bislang „reibungslose Abläufe“: „Unsere Erwartungen bei Ladeleistung und -zeit sowie bei der Reichweite wurden übertroffen.“ Insofern kann IMC500 als Technologie für alle Busgrößen und Ladekonzepte auch auf andere Orte übertragen werden. Ihre Energieversorgung basiert auf einem international etablierten Oberleitungsstandard in über 300 Städten. Bereits geplant sind Einsätze in Verona, Modena, Solingen, Fribourg, Genf und Pescara.

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